Bei einer abendlichen Dinner-Gesellschaft des 19. Jahrhunderts glaubt ein chronisch eifersüchtiger Ehemann, endlich den Beweis für die Untreue seiner von Verehrern umschwirrten Ehefrau gefunden zu haben. Oder wie sonst soll er die Silhouetten gieriger Männerhände deuten, die hinter den durchsichtigen Vorhängen einer Glastür nach seiner Liebsten greifen? Doch die Schatten täuschen. In Wahrheit handelt es sich um bedeutungslose Gesten. Seine Frau wird von den Händen nicht einmal berührt. Ein anwesender Gaukler bemerkt den Wahn des Ehemanns. Er versetzt die Gäste in Hypnose und führt ein Schattenspiel vor, das ihnen ihre erotischen Wünsche und Ängste aufzeigt, samt Eifersucht, Betrug und Rache. Danach sind alle klüger: Der Ehemann erkennt die Treue seiner Frau, deren Verehrer, wie sie erkennen müssen, keine Chance bei ihr haben.
Arthur Robisons SCHATTEN gilt als eines der Meisterwerke expressionistischer Filmkunst der Weimarer Republik. Sein vor hundert Jahren entstandener Film führt zurück zu den Anfängen des Kinos, dessen Vorgänger das bewegte Schattenspiel, die Laterna Magica war. Neben den beeindruckenden Leistungen eines hochkarätigen Schauspielerensembles kann SCHATTEN als frühes Selbstporträt des Mediums Film gesehen werden, eine Reflexion über die Vieldeutigkeit bewegter Bilder, ihre Schimärenhaftigkeit. Robison erzählt die Geschichte der Läuterung des eifersüchtigen Ehemanns ausschließlich mit visuellen Mitteln und verzichtet völlig auf Zwischentitel. Das Abbild der Wirklichkeit erzeugt eine eigene Wirklichkeit, die nicht frei von Fehldeutungen ist und zum Gegenstand gezielter Täuschungen werden kann. Ein angesichts der Möglichkeiten durch künstliche Intelligenz erzeugter Bilder hochaktuelles Thema.
Der international renommierte Orgelvirtuose Cameron Carpenter, bereits 2021 zu Gast bei den UFA Filmnächten, wird SCHATTEN mit einer Neukomposition begleiten.